In den vergangenen Jahren haben Unternehmen zahlreiche Prozesse optimiert - Business Process Management hat seinen Teil dazu beigetragen. Trotzdem gibt es immer noch Unmengen einfacher Aufgaben, die tagein, tagaus in immer gleicher Weise von Menschen erledigt werden. Dazu gehören vor allem repetitive und monotone Tätigkeiten wie Dateien kopieren, Rechnungen bearbeiten oder Formulare ausfüllen. Diese manuellen Tasks verschlingen nicht nur unnötig Arbeitszeit, sie sind häufig auch Fehlerquellen.
Foto: sun ok - shutterstock.com
Diese sich wiederholenden und simplen Aufgaben sind wie geschaffen für Robotic Process Automation (RPA). Anders als bei Industrierobotern werden bei RPA software-basierte Roboter eingesetzt, die digitale Prozesse komplett allein abwickeln können. "Die Idee hinter RPA ist, einfache und wiederholbare Tätigkeiten von Menschen maschinell durch Software-Bots zu imitieren", sagt Nils Roth, Digital Business Consultant bei Fujitsu.
Ein Software-Roboter kann zum Beispiel Tätigkeiten eines Buchhalters übernehmen und ihn unterstützen. Stellt der Sachbearbeiter bei der Überprüfung des Buchhaltungssystems Unregelmäßigkeiten bei einem Kunden fest, versendet das RPA-System automatisch eine E-Mail an den Kunden. Im Helpdesk-Bereich können Bots Support-Mitarbeitern Daten zuspielen oder andere einfache Jobs erledigen. "Wenn ein Kunde wegen einer Adressänderung anruft, muss heute kein Mensch mehr aktiv werden", erklärt Fujitsu-Experte Roth. "Und begleicht ein Kunde einen Rechnungsbetrag versehentlich mit 10,05 statt 10,15 Euro, kann diesen Fehler auch ein Software-Roboter korrigieren."
Selbst bei der Einhaltung von Richtlinien wie der DSGVO und anderen Reglements kann RPA unterstützen. In datensensitiven Bereichen wie im Gesundheitswesen dürfen Mitarbeiter bestimmte Informationen nicht einsehen. Viele Unternehmen sind dabei mit der Frage konfrontiert, welche Mitarbeiter zu welchen Daten Zugang haben dürfen, und wie geprüft werden kann, ob die Prozessschritte eingehalten werden. "Auch hier können Software-Agenten helfen", sagt Philipp Küller, Competence Lead Automation bei Fujitsu. "Sie halten die Regularien zu hundert Prozent ein und die Verantwortlichen haben anhand der Auditlogs einen klaren Nachweis in der Hand.
Foto: Fujitsu
Wer profitiert von RPA?
Grundsätzlich sind mit RPA alle Prozesse automatisierbar, die monoton ablaufen, einer klaren, regelbasierten Struktur folgen und einen digitalen Input haben. Beispiele für derartige Prozesse auf funktionaler Ebene sind: Das Ausfüllen von Formularen und standardisierten Dokumenten, das Kopieren, Einfügen und Verschieben von Daten, das Ausführen von Wenn-dann-Befehlen, der Zugriff auf Webseiten, das Öffnen und Verarbeiten von E-Mails oder die Bearbeitung von Anhängen.
„Für ein Unternehmen, das am Tag eintausend Bestellungen bekommt, lohnt sich ein Roboter natürlich mehr als für eine kleinere Firma, die nur drei Bestellungen am Tag bearbeitet.“
Fachlich gibt es keine Grenzen für den Einsatz. Zwar wird RPA aktuell vor allem im Finanzdienstleistungssektor, und bei Banken und Versicherungen genutzt. Doch auch im Gesundheitswesen, in der Telekommunikation, Energiewirtschaft, Produktion und Verwaltung ist RPA auf dem Vormarsch. Die einzige Voraussetzung für den Einsatz von Software-Bots sind ein klares Prozessbild und standardisierte Prozesse.
Was die Unternehmensgröße betrifft, sind Großunternehmen weiter fortgeschritten im RPA-Einsatz. "Das liegt einfach daran, dass in diesen Unternehmen Prozesse im Regelfall häufiger durchgeführt werden als in kleinen Betrieben", erklärt Nils Roth. "Für ein Unternehmen, das am Tag eintausend Bestellungen bekommt, lohnt sich ein Roboter natürlich mehr als für eine kleinere Firma, die nur drei Bestellungen am Tag bearbeitet."
Wie wird ein RPA-Projekt umgesetzt?
Die Entwicklung des Software-Roboters selbst erfolgt mit Low-Code-Environments. Die Tools entstammen ursprünglich aus dem Bereich Software-Testing. Entwickler von Workflows benötigen in der Regel keinen Programmcode und können einfache Drag-and-Drop-Ansätze nutzen. RPA-Werkzeuge greifen über die klassischen Graphical User Interfaces auf die Applikationen zu. Einzelne Tasks können per Drag & Drop-Funktion zu Flowcharts hinzugefügt werden.
RPA-Werkzeuge sind aber nur die halbe Miete. Ein Software-Roboter braucht auch ein passendes Umfeld. RPA-Experte Philipp Küller sieht hier Parallelen zu menschlichen Mitarbeitern: "Ein Software-Bot benötigt im Prinzip das Gleiche wie ein menschlicher Mitarbeiter: eine Arbeitsanweisung, eine Workflow-Beschreibung und Zugänge zu den entsprechenden Systemen, an denen er arbeiten kann. Der Bot bekommt Vorgaben, wie schnell er arbeiten muss, wann er arbeiten soll - und er bekommt sogar Urlaub: Dann nämlich, wenn Updates durchgeführt werden müssen. Alles, was einen Menschen eigentlich ausmacht, trifft auch auf den Roboter zu."
Im ersten Schritt sollten die jeweiligen Fachabteilungen in Kooperation mit weiteren Stakeholdern (z.B. der IT-Abteilung) einen geeigneten Prozess für einen Proof of Concept auswählen, um erste Erfahrungen im Umfeld von RPA zu sammeln. Anschließend muss überlegt werden, wie der Prototyp in der Produktion in kritischen Prozessen eingesetzt werden kann. In der Praxis sammeln Unternehmen oft erst einmal Prozesse. Das Ergebnis ist dann zunächst eine mehr oder weniger lange Liste mit automatisierbaren Prozess-Kandidaten. Diese werden dann im Regelfall noch einmal anhand verschiedener Kriterien evaluiert. Gestartet wird die Implementierung mit demjenigen Prozess, der sich hinsichtlich technologischer wie wirtschaftlicher Parameter am besten für eine Automatisierung eignet. Das können häufig auch mehrere Prozesse gleichzeitig sein. "Wir haben einige Kunden in CE, die bereits Bots in zweistelliger Anzahl in ihrem Unternehmen einsetzen", ergänzt Philipp Küller.
Foto: Fujitsu
Welches Personal braucht man?
Für die Umsetzung eines RPA-Projekts werden unterschiedliche Fachleute benötigt:
Erstens braucht es Mitarbeiter, die die Prozesse verstehen. Diese Subject Matter Experts sind Mitarbeiter aus den jeweiligen Fachabteilungen.
Zweitens werden Business Analysten benötigt, die unter anderem für die Evaluation von Prozessen verantwortlich sind. Außerdem sind IT-Experten notwendig und Fachleute, die zusammen Konzepte erarbeiten wie Berechtigungspläne, Zugriffsrechte, Installation der Plattformen und anderes mehr.
Hardcore Software-Entwickler werden für die konkrete Umsetzung der Workflows hingegen weniger gebraucht. Es genügen Software-affine Mitarbeiter, die mit Low-Code oder No-Code-Plattformen einzelne Bausteine zusammenklicken und anpassen können.
Bei größeren Projekten mit vielen Prozessen ist es oftmals notwendig, umfangreiche Governance-Strukturen zu definieren und aufzubauen. In diesem Fall werden auch mal Juristen, Security-Experten, Data Scientisten und Auditoren hinzugezogen. "Bei größeren Projekten kann auch das Team sehr groß werden", ergänzt Philipp Küller. "Wir haben schon Competence-Center mit 20 bis 30 Mann gesehen." Die Rollen müssen im Übrigen nicht grundsätzlich getrennt sein. "In manchen Unternehmen oder bei kleineren Projekten gibt es Generalisten, die alle Rollen unter einem Hut vereinen und ein Projekt im Alleingang umsetzen."
Wichtig ist aber in jedem Fall, das Management auf der Seite zu haben. Selbst wenn eine Fachabteilung mit kostenlosen Testlizenzen startet - wird es ernst, sind Gelder für die Software und für die Implementierung notwendig. Eine Projektdurchführung ohne den Segen des Managements empfiehlt sich auch deshalb nicht, weil jedes RPA-Projekt am Ende immer einer gesamtunternehmerischen Strategie und Zielsetzung unterliegen sollte. Nils Roth rät, auf jeden Fall im Management einen Verantwortlichen einzubeziehen, der das Projekt mitverfolgt und die Erfolge im Unternehmen sichtbar machen kann.
Welche Rolle nimmt Fujitsu ein?
Fujitsu unterstützt Unternehmen mit allen Themen rund um Software-Roboter und in allen Phasen der RPA-Einführung. Hierfür hat Fujitsu zusammen mit dem Partnerunternehmen Nvision das erprobte Framework DigitalSphere entwickelt. Bei diesem Modell werden Standards, interaktive Workshop Konzepte und Best-Practices so miteinander verzahnt, dass der Kunde auf seiner RPA-Reise optimal unterstützt wird und das Rad nicht neu erfinden muss. RPA Experte Nils Roth sieht die Rolle von Fujitsu als eine Art 'digitaler Sherpa': "Wenn Sie die RPA-Einführung als Gipfelbesteigung ansehen, dann begleiten wir als Sherpas die Anwender auf dem kompletten Pfad bis zum Gipfel - je nach Bedarf mit unterschiedlichen Aufgaben." Wie und in welcher Form die Unterstützung erfolgt, entscheidet der Kunde. "Mal kann es sein, dass wir gesamte Workflows für Kunden entwickeln und das andere Mal nur bei der Umsetzung eines Prototypens unterstützen. Wir übernehmen aber natürlich auch ein komplettes Einführungsprojekt. Und es ist auch möglich, dass wir den operativen Betrieb durchführen."
„Wir hatten schon Kunden, die einen positiven ROI in vier Monaten vorweisen konnten. Aber normalerweise werden nach einem halben bis einem Jahr positive Ergebnisse erzielt.“
Durch Partnerschaften mit den wichtigsten RPA-Providern hat Fujitsu auch die Möglichkeit, entsprechende Lizenzen zur Verfügung zu stellen und Support zu leisten. Kunden werden auch beim Aufbau eines RPA-Competence-Centers unterstützt. Auch wenn Unternehmen ihr RPA-Projekt allein realisieren möchten, ist es in jedem Falle empfehlenswert, einen Partner zu haben, der von außen auf das Projekt schaut. "Bei vielen Kunden haben wir erlebt, dass sie starten und die ersten Gehversuche selbst machen. Doch spätestens dann, wenn es ums Skalieren geht, suchen sie sich einen Partner."
Die Erfahrungen von Fujitsu zeigen, dass RPA-Projekte sich oftmals innerhalb eines Jahres amortisieren und einen positiven Return on Invest erreichen. "Wir hatten auch schon Kunden, die einen positiven ROI in vier Monaten vorweisen konnten. Aber normalerweise werden nach einem halben bis einem Jahr positive Ergebnisse erzielt."
Foto: Fujitsu
Was sind die nächsten Entwicklungen?
Der nächste Entwicklungsschritt bei RPA ist nach Auffassung der Fujitsu-Experten das Zusammenwachsen mit anderen Technologien. An vorderster Stelle wird dies KI sein. Aktuell wird RPA bereits zunehmend mit Chatbots integriert. Ein Mitarbeiter kann dann dem Chatbot beispielsweise in natürlicher Sprache Informationen geben, die dieser abarbeitet. "Möglicherweise wird auch in Bälde jeder Mitarbeiter seinen eigenen Bot haben, der ihm zuarbeitet", meint Philipp Küller.
Zusammen mit Machine Learning kann RPA künftig auch Entscheidungsprozesse vereinfachen und verbessern. "Solche Prozesse haben wir bei einer großen Versicherung bereits durchgespielt" merkt Nils Roth an. "Dabei sollten Fälle bewertet und dem Mitarbeiter Hinweise gegeben werden, wie jeder einzelne Fall entschieden werden sollte. Während vorher der Mitarbeiter alle Entscheidungsvorlagen selbst zusammentragen musste, bereitete nun der RPA-Roboter alles vor. Die finale Entscheidung trifft aber natürlich weiterhin der Mitarbeiter."
„Das Einzige, was einem Roboter noch fehlt, ist Kreativität und Empathie. Diese Fähigkeiten werden voraussichtlich erst in weiter Zukunft kommen.“
RPA wird in Kooperation mit KI auch die Betrugserkennung verbessern. Der Roboter überwacht dabei laufend Dokumente und lernt, normale Dokumente von kritischen, betrügerischen Unterlagen zu unterscheiden. Process Mining Integration ist ein weiteres Thema, das in nächster Zukunft relevant wird. Process Mining ermöglicht es, Abläufe aus den Daten heraus zu analysieren und abzubilden. Nils Roth: "Prozesse müssen dann nicht mehr manuell analysiert werden, sondern es erfolgt eine automatische Erfassung auf Basis von Event Logs oder Rekordern - womit die Automatisierungszeit weiter beschleunigt wird. Maschinelles Lernen spielt hier eine wichtige Rolle."
In weiterer Zukunft könnten die Software-Roboter vielleicht auch noch etwas einbringen, von dem viele glauben, es sei nur dem Menschen vorbehalten: Kreativität und Empathie. "Heute können wir durch einen Roboter alles, was regelbasiert stattfindet, schon sehr gut abbilden", erklärt Philipp Küller. "Das Einzige, was ihm noch fehlt, ist Kreativität und Empathie. Diese Fähigkeiten werden aber voraussichtlich erst in weiter Zukunft kommen."